Ende des Jahres 1911 wurde durch die Initiative des Josef Vogel und einer kleinen Schar Gleichgesinnter der Verein als Arbeiter-Gesang und Turnverein gegründet. Der Zweck des Vereins war: Gesang und Sport in die breiten Schichten der arbeitenden Bevölkerung einfließen zu lassen.
Als I. Vorsitzender wurde August Hammer gewählt, Dirigent war Eugen Zaucker. Neben dem Gesang wurde auch in der Turnabteilung Beachtliches geleistet. Als herausragende Personen sind hier die Gebrüder Reiter sowie Otto Eck zu nennen, die auf vielen Sportfesten I. und II. Preise erringen konnten. Die Zahl der Gründungsmitglieder wird mit 42 angegeben. Während des I. Weltkrieges ruhte die Vereinstätigkeit bis zum Jahre 1919.
Nachdem 90 Mitglieder den Verein zu neuem Leben erweckten, wurde Emil Betsch zum I. Vorsitzenden berufen. Dirigent war in jener Zeit Josef Kuntz.
Die Mitgliederzahl stieg noch im gleichen Jahr auf 148 an. Die politische Ausrichtung des Vereins brachte es mit sich, das sich der Arbeitergesangverein nicht dem "Allgemeinen Deutschen Sängerbund", sondern dem Arbeitersängerbund anschloß, der sich ausschließlich aus Arbeitergesangvereinen zusammensetzte.
Im Jahr 1920 übernahm Jean Dörr den Dirigentenstab, der zusammen mit dem damaligen I. Vorsitzenden Emil Betsch zusätzlich einen Gemischten Chor ins Leben rief.
Männerchor und Gemischter Chor nahmen an zahlreichen Wertungssingen teil und haben nicht selten die besten Tageswertungen gegen stärkste Konkurrenz erringen können.
Im Jahre 1923 feierte der Verein sein Fest der Fahnenweihe.
Die Fußballabteilung des Vereins konnte im Jahre 1931 die Gruppenmeisterschaft erringen.
Die rege Tätigkeit des Vereins wurde dann - wie bereits erwähnt - 1933 gewaltsam unterbrochen, der Verein wurde verboten und ihm so ein jähes Ende bereitet.
Das Vereinsvermögen war in jener Zeit sehr beachtlich, neben dem Notenmaterial und diversen Theaterstücken verfügte der Verein über ein Sportheim mit Inventar. Dies alles wurde beschlagnahmt oder vernichtet. Verbrannt wurde auch die Vereinsfahne, die 1923 unter großer Opferbereitschaft angeschafft wurde. Alles hatte man dem Verein genommen, nur nicht den Glauben an eine Auferstehung.
1946
Nachdem Vereinsgründungen wieder möglich wurden, betrauten 50 ehemalige Mitglieder die Herren Hermann Zaucker - Franz Schweickert - und Ferdinand Scherrer damit, bei der Militärregierung um die Genehmigung zur Wiedergründung des Vereins nachzusuchen.
Bereits am 19. Januar 1946 konnte die Gründungsversammlung in der Gaststätte "Zum Bahnhof" abgehalten und der Arbeitergesangverein als erster Verein im Ort wieder gegründet werden. Die erste Vorstandschaft nach dem Kriege bestand aus folgenden Mitgliedern:
I. Vorsitzender: Hermann Zaucker
II. Vorsitzender: Franz Schweickert
Schriftführer: Ferdinand Scherrer
Kassier: Ernst Eberle
Emil Betsch wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt, während Stefan Hof, Franz Flick, Georg Lavan und Franz Thomas zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden. Der Verein schreibt in seine Satzung:
Der Arbeitergesangverein ist auf demokratischer Grundlage aufgebaut und dient ausschließlich der Förderung und Pflege des Gesangs. Er ist frei von jeglicher politischer Weltanschauung!
Laut Anwesenheitsliste hatten sich 52 Mitglieder als Gründungsmitglieder eingetragen, diese Zahl stieg noch im gleichen Jahr auf 96 Mitglieder an.
Die Chormusikalische Arbeit wurde Mitte des Jahres durch den Dirigenten Jean Dörr wieder aufgenommen.
Neben dem Männerchor entschloß sich der Verein, einen Gemischten Chor zu gründen, so daß 56 Sänger und 44 Sängerinnen aktiv im Arbeitergesangverein sangen. Als soziale Einrichtung unterhielt der Verein eine Sterbekasse.
Vom 11. - 13. September fand in Hagenbach die 1100-Jahrfeier der Gemeinde statt. Der Arbeitergesangverein gestaltete aus diesem Anlass zwei Festwagen: "Evakuierung" und "Freiheitsbaum der Revolution 1848". Auch bei dem Mysterienspiel "Jedermann" auf dem Festplatz waren Mitglieder des Vereins beteiligt.
1949 legte der Chorleiter Jean Dörr aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nieder, als Nachfolger wurde Erich Metz berufen.
Am 9. Januar wurde der Beschluß gefaßt, den Verein in das Vereinsregister beim Amtsgericht Kandel eintragen zu lassen.
Über 40 Sängerinnen und Sänger fuhren zum "Lyra" Wörth zu seinem 50-jährigen Stiftungsfest.
Am 13.11. veranstaltet der Verein seinen ersten Liederabend im Gasthaus "Zur Rose".
Am 1. Oktober trat der Verein dem "Pfälzischen Sängerbund" bei.
Unter großer Opferbereitschaft der Mitglieder konnte 1951 die zweite Vereinsfahne beschafft werden. Vom 2. - 4. Juni fand dann die Fahnenweihe statt. Der Männergesangverein "Frohsinn" Hagenbach übernahm die Patenschaft. Es war dies das erste große Sängerfest nach dem Kriege in dem sangesfreudigen Hagenbach, an dem sich 14 Gastvereine beteiligten.
Am 8. Juni 1952 errang der AGV beim Preissingen der "Eintracht" Hagenbach den ersten Preis.
Der Verein hatte die angenehme Aufgabe angenommen, bei den drei örtlichen Gesangvereinen die Patenschaft zu übernehmen. Der staatlich geprüfte Musiklehrer Hans Cuntz übernahm 1956 die musikalisch Leitung des Vereins. Der Verein beteiligte sich beim Preissingen des MGV "Liederkranz" Hagenbach und erreichte mit 249 Punkten den ersten Platz in der I. Landklasse vor den "Edelweiß-Sängern" aus Herxheim.
Im Spätjahr konnte endlich der lange geplante Liederabend stattfinden. Bedingt durch die letzten Dirigentenwechsel mußte dieses Vorhaben wiederholt verschoben werden. Im Jahre 1959 fand in Hagenbach das erste große Kirchenkonzert statt, an dem sich auch der AGV mit seinen beiden Solisten beteiligte. Dieses Konzert fand bei Publikum und Presse nachhaltigen Beifall.
Nach einem Jahrzehnt erfolgreicher Vereinsarbeit feierte der Verein 1961 sein 50jähriges Bestehen.
Im Folgejahr stellte der langjährige I. Vorsitzende Ferdinand Scherrer seinen Posten aus gesundheitlichen Gründen zur Verfügung, bei der Generalversammlung wurde er dann zum Ehrenvorsitzenden ernannt, und Albert Thomas trat das Amt des I. Vorsitzenden an. Als Ersatz für den erkrankten Chorleiter konnte Felix Heid gewonnen werden, der auch später immer wieder einsprang, wenn einmal Not am Mann war. Der bisherige II. Vorsitzende Franz Thomas verabschiedete sich nach 15 Jahren aus der Vorstandschaft, zu seinem Nachfolger wurde Elmar Zaucker berufen.
Die Siebziger Jahre brachten dann durch gesellschaftliche Einflüsse eine Umstrukturierung des Vereins mit sich, die letztendlich dazu führten, daß der Verein in einen Gemischten Chor umgewandelt wurde.
Die gelungene Mitwirkung am historischen Festumzug 1981 anläßlich der 700-jährigen Stadtrechtsverleihung, sowie ein Chorkonzert im Oktober des gleiche Jahres waren erste Höhepunkte der Aktivitäten des neuformierten Chores unter der Leitung von Clemens Schmieder. Paul Diener hatte zwischenzeitlich den I. Vorsitz im Verein übernommen, den er nach acht Jahren an Erich Hof weitergab. In gesanglicher Hinsicht war eine stetige Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen, die ihren sichtbaren Höhepunkt im Jubiläumskonzert 1986 fand, dessen breite sängerische Palette viele überzeugte. Bei dem Liederabend 1987 aus Anlass des 10-jährigen Bestehens des Gemischten Chores wurde die Qualität des Chores noch einmal deutlich unter Beweis gestellt.
Als absoluter Höhepunkt in der Vereinsgeschichte darf wohl die Konzertreise im Oktober 1989 auf die Insel Kreta gewürdigt werden. Der Verein verfügte nicht nur über einen klangvollen Chor, sondern darüber hinaus auch noch über ein "Frauenquartett" sowie eine "Männerrund" und nicht zuletzt über drei Solisten, die ein abwechslungsreiches Programm garantierten.
Daß der Arbeitergesangverein auch keine neuen Wege scheut, beweist er mit der Tatsache, daß man auch "junge" Sängerinnen und Sänger für den Chorgesang begeistern kann. Daß diese Leute eine andere Chorliteratur wählen, liegt auf der Hand und darf als erfreuliche Ergänzung zum "Althergebrachten" gesehen werden.
Der Junge Chor "Young Voices" wird vielleicht einmal die Tradition des Arbeitergesangvereins am Leben erhalten.
Hagenbach im Januar 2000
Der Chronist